Die Sender beziehen ihre Legitimation aus dem Versprechen, objektiv zu berichten. Aber Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander.
Ein Kommentar von Ronald Gläser, medienpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus
„Kontrollierte Demokratie statt jeder wie er will.“ Dieser Satz steht wirklich so im Framing Manual. Untertitel: Unser gemeinsamer, freier Rundfunk ARD. Dieses vielzitierte ARD-Gutachten zeigt, in welch heller Aufregung die öffentlich-rechtlichen Medien sich befinden. Die Überalterung des Publikums, die wachsenden Pensionslasten, die Debatten um überzogene Intendantengehälter und nicht zuletzt die sinkende Glaubwürdigkeit bereiten ihnen Kopfzerbrechen.
Zu Recht. Ein Vorwurf, der seit Jahren im Raum steht, ist der der Einseitigkeit. Es gibt genug Belege dafür, dass diese Vorwürfe mehr als nur Hirngespinste ressentimentgeladener Wutbürger sind. Gerade erst kam heraus, dass Robert Habeck Sahra Wagenknecht als Lieblingsgast in den Talkshows abgelöst hat. Kein Wunder, dass er auf Twitter verzichten kann. Kein Wunder, dass die ARD-Akzeptanzstudie 2018 folgendes ergeben hat: 90 Prozent der Grünwähler finden die ARD gut oder sehr gut, aber nur 54 Prozent der AfD-Wähler. Es sind auch Grünwähler, die die ARD am besten erreicht. AfD-Wähler haben keine Lust oder keine Zeit, das Programm zu schauen. Vermutlich beides.
Eine Insa-Umfrage im Auftrag der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hat im Oktober 2018 ergeben, dass AfD-Wähler in Berlin überdurchschnittlich viele regionale Zeitungen konsumieren und auch überdurchschnittlich oft den RBB schauen, um sich über die Landespolitik zu informieren. Für uns war das ein überraschendes Ergebnis.
Aber weniger überraschend war dies: Wenn es um die Glaubwürdigkeit geht, dann ist das öffentlich-rechtliche Fernsehen bei AfD-Sympathisanten unten durch: 47 Prozent aller Berliner nennen es vertrauenswürdig, wenn es um die Arbeit der Fraktionen im Abgeordnetenhaus geht. Das ist bereits kein berauschender Wert. Aber nur 25 Prozent der AfD-Wähler urteilen so über die Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Senders. Der Glaubwürdigkeitsschwund ist messbar. Und er ist erschreckend hoch.
RBB, ZDF und Co. können nicht so weitermachen wie bisher. Sie müssen an Haupt und Gliedern erneuert werden. Die Sender beziehen ihre Legitimation aus dem Versprechen, objektiv zu berichten. Aber Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander. Sie müssen zu den journalistischen Regeln, zur Objektivität zurückkehren.
Ein anderer Punkt ist das Geld: Der Rundfunk in Deutschland ist zu teuer. 17,50 Euro pro Wohnung ist nicht viel? Doch. Die Vergleiche mit kleineren Ländern hinken. Acht Milliarden Euro pro Jahr ist eine gewaltige Summe – sie entspricht dem Budget des für Subventionen zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums.
Ein Großteil fließt inzwischen in die Renten. Schon jetzt kommen auf vier Mitarbeiter beim RBB etwa drei Pensionäre. Bald wird das Verhältnis 1:1 sein. Die Sender sind streng genommen Pensionsfonds mit angegliedertem Rundfunkbetrieb. Auch die Struktur der Gehälter gilt es zu überprüfen. Der Rechnungshof hat dies 2018 in einem Gutachten zu Recht eingefordert.
Nicht nur der RBB, auch die anderen Öffentlich-Rechtlichen müssen abspecken. Es gibt viele überflüssige Sender, Funk zum Beispiel. Das ist kein Sender, sondern ein Konglomerat von aus Zwangsgebühren finanzierten Youtubern, die provokant, unter der Gürtellinie, manchmal auch witzig daherkommen – aber niemals etwas produzieren, was zur Grundversorgung gehört.
ARD, ZDF, die Dritten und etwa 70 Radiosender – von Fritz bis Nova – gehören auf den Prüfstand. Pro Bundesland könnten ein oder zwei Radiosender übrigbleiben, die Unterhaltung und Information liefern. Die Fernsehsender müssten allesamt gesundgeschrumpft werden. Die Abwicklung des ZDF ist eine Option. Als Vorbild könnte die Schrumpfkur von TV2 aus Dänemark dienen: Der Sender überlebte die Abschaffung der Zwangsgebühr und floriert sogar.
Fassen wir die Reformvorschläge zum Rundfunksystem zusammen: Ein schlanker, objektiver Rundfunk ist möglich. Unerlässlich ist die Rückkehr zur Objektivität der Berichterstattung im Sinne Hajo Friedrichs: „Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein – nicht einmal mit einer guten.“
Schließlich: Der Beitragszwang muss weg. Bis 2012 musste nur zahlen, wer auch einen Fernseher hatte. Diese Regelung könnte angepasst an unsere Zeit zum entscheidenden Korrektiv werden: Die Ausstrahlung wird verschlüsselt wie beim dänischen TV2. Nur wer den Beitrag entrichtet, kann auch zuschauen. Kündigen zu viele Zuschauer, müssen die Sender ihr Programm überdenken.
Derzeit (Anfang März 2019) wird die 22. Änderung des Rundfunkstaatsvertrags durch die Landesparlamente gejagt. Diesmal geht es um presseähnliche Angebote und Mediatheken. Aber die nächste Änderung des Rundfunkstaatsvertrags ist bereits in Sicht. Mit der 23. Änderung kommt vielleicht ein neues Gebührenmodell. Es gibt Überlegungen, den Rundfunkbeitrag nicht mehr per Gesetz festzulegen, sondern ihn an die Inflation zu koppeln, um den Sendern noch Geld zuschanzen und die Bestätigungen der Landesparlamente abschaffen zu können. Dieser Neuregelung werden wir unseren massiven Widerstand entgegensetzen. Die Sender können nicht so weitermachen wie bisher. Das hilft auch kein Framing Manual.