Erst hat man sie beklatscht, dann hat man sie bis an ihre Grenzen getrieben, später zur Impfung genötigt – und mittlerweile hat man sie scheinbar vergessen: Fast anderthalb Millionen Pflegekräfte stehen tagtäglich in Deutschland an Senioren- oder Krankenbetten. Sie kümmern sich um Hilfebedürftige, geben ihnen in schwierigen Lebenssituationen Kraft und Hoffnung, halten sie am Leben. Und das meist für eine Bezahlung, die in keinem Verhältnis zur hohen Arbeitsbelastung steht. Heute ist der internationale Tag der Pflege – und nicht nur der sollte Anlass sein, allen Pflegekräften Danke zu sagen!
Wer sich für einen Pflegeberuf entscheidet, macht das aus tiefer Überzeugung. Sein Lohn sind weniger die paar Hundert Euro am Monatsletzten, sondern vielmehr die Dankbarkeit in den Augen der Menschen und ihrer Angehörigen. Und die Gewissheit, einen unschätzbar wertvollen Beitrag zu leisten! Dass die Pflegeberufe nicht nur besser bezahlt, sondern auch viel mehr gewürdigt werden müssen, zeigen vor allem die vielen unbesetzten Stellen. Mindestens 35.000 zusätzliche Kräfte bräuchte man eigentlich noch in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Da nimmt es sich als Hohn aus, wenn ausgerechnet in dieser Branche die umstrittene Impfpflicht weiterhin in Kraft ist und wie ein Damoklesschwert über Hunderttausenden Mitarbeitern hängt. Denn jederzeit könnten die vor die Tür gesetzt werden, wenn sie die Corona-Spritze weiterhin verweigern.
Es ist eine krasse Fehlentwicklung im Umgang ausgerechnet mit jenen, die „den Laden am Laufen halten“. Gerade in Zeiten einer immer älter werdenden Bevölkerung braucht es jede Einzelne, jeden Einzelnen, der sich hier mit Herzblut engagieren möchte. Wie so oft in dieser Branche aber sind Zahlen attraktiver als gute Arbeit. Für die Chefetagen der Einrichtungen sind es die Bilanzen. Für die Politik ist es die Impfquote. Damit muss Schluss sein! Wir brauchen eine Politik, die den Erfordernissen der Pflegeberufe Rechnung trägt. Die den Mitarbeitern nicht nur ein vernünftiges Einkommen, sondern auch gute Arbeitsbedingungen verschafft, und die ihnen eine freie Impfentscheidung ermöglicht. Was wir nicht brauchen, sind halbherzige Beifallsbekundungen von Altbaubalkonen aus. Denn die sind irgendwann verhallt. Und besonders lohnend sind sie auch nicht.