Abgekartetes Spiel beschert den etablierten Parteien unverhältnismäßig viele Posten im EU-Parlament, der Wählerwille spielt keine Rolle.
In Klüngelrunden teilen die etablierten Parteien sich sämtliche wichtigen Ämter in den Ausschüssen des neu gewählten Europäischen Parlements auf und brechen dabei das ungeschriebene Gesetz, wonach alle im Parlament gebildeten Fraktionen entsprechend ihrer Stärke berücksichtigt werden. Ein Kommentar unseres AfD-Abgeordneten Markus Buchheit MdEP.
„Von den etwa 462 Millionen Wahlberechtigten in der Europäischen Union beteiligten sich an der letzten Wahl des EU-Parlaments 50,62 Prozent. Von diesen knapp 216 Millionen Wählern entschieden sich rund zehn Prozent – also knapp 21 Millionen Bürger – für eine der Parteien der neuen rechts-der-Mitte-Fraktion Identität und Demokratie (ID). Mit 73 Abgeordneten im Europäischen Parlament ist die ID-Fraktion damit ein echtes Schwergewicht geworden, das den politischen Betrieb massiv beeinflussen kann. Aber genau das versuchen die Blockparteien mit allen Mitteln zu verhindern.
Die vielen einflussreichen Posten in Parlament und Ausschüssen werden in Brüssel gemäß dem prozentualen Wähleranteil der Fraktionen verteilt. Rein rechnerisch stünden den 73 Abgeordneten der ID-Fraktion also zehn Prozent der wichtigen Ämter zu. Konkret wären das zwei Ausschussvorsitzende, acht Vize-Ausschussvorsitzende sowie ein Vize-Präsidentenposten des EU-Parlamentes, die nach den parlamentarischen Gepflogenheiten von Mitgliedern der ID-Fraktion hätten besetzt werden müssen. Diese völlig üblichen parlamentarischen und demokratischen Gebräuche scheinen für die Blockparteien von links bis rechts jedoch keine Rolle mehr zu spielen, wenn dies für sie einen Verlust der eigenen Machtposition bedeutet. Das lässt tief blicken.
Die AfD als einzige wirkliche Oppositionspartei im Deutschen Bundestag kann vom undemokratischen, ja illegalen Verhalten des politischen Establishments ein Lied singen. Man denke nur daran, wie unwürdig die drei AfD-Kandidaten für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten abserviert wurden. Das war nicht nur ein klarer Verstoß gegen § 2 der Geschäftsordnung des Bundestages, wonach jede Fraktion durch mindestens einen Vizepräsidenten im Bundestagspräsidium vertreten sein muss, es war vor allem auch ein Schlag ins Gesicht der fast sechs Millionen (12,6 Prozent) AfD-Wähler aus dem Wahljahr 2017.
Was sich am Deutschen Bundestag offensichtlich entgegen jeglicher demokratischer Standards einbürgern konnte, das funktioniert im Getriebe des Europäischen Parlaments anscheinend erst recht – immerhin sind Brüssel und die Eurokraten von den Bürgern noch weiter entfernt, als die nationalen Parlament. Die Posse um die von Kanzlerin Merkel aus dem Ärmel geschüttelte Ursula von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin ist ein Musterbeispiel dieser abgekarteten Personalentscheidungen. Dass nach diesem zweifelhaften Personalgeschacher von Macron und Merkel im Hinterzimmer des EU-Parlaments auch noch zehn Prozent der europäischen Wähler knallhart vor den Kopf gestoßen werden, indem der ID-Fraktion die ihr zustehenden repräsentativen Funktionen verweigert wurden, ist ein weiterer Skandal.
Ein weiterer Skandal ist die Diktion der saturierten Blockparteien aus der sozialistischen S&D- sowie der vorgeblich bürgerlichen EVP-Fraktion. Ganz offiziell sprechen sie von einem „Cordon sanitaire“, den sie gegen die ID-Fraktion gebildet haben. Der Begriff dient der Ausgrenzung im politischen Alltagsgeschäft und rückt die ID und ihre Positionen in die Nähe einer auszutrocknenden Seuche – denn solche gilt es durch einen Cordon sanitaire genannten Sperrgürtel abzuschotten. Letztendlich findet hiermit eine Pathologisierung des politischen Gegners statt: Für die linken und die in der angeblichen Mitte angesiedelten Fraktionen S&D, EVP und Grüne sind die Rechtspopulisten eine Art epidemischer Krankheit, die es zu behandeln gilt. Dieser Grad der Verachtung und Entmenschlichung des politischen Gegners ist nicht nur ein bedenkliches Zeichen politischer Verrohung, sondern auch ein schwerer Schlag ins Gesicht der 21 Millionen ID-Wähler. Im politischen Alltag führt diese Ausgrenzung unter anderem dazu, dass die Anträge und Initiativen der rechts-der-Mitte-Fraktionen in den allermeisten Fällen abgelehnt werden – ganz unabhängig davon, welchen Inhalts sie sind. Den Blockparteien sind also nicht nur in Deutschland, sondern auch auf europäischer Ebene parteipolitische Winkelzüge wichtiger, als demokratische Spielregeln und bestmögliche Ergebnisse zum Wohle des Bürgers. Übrigens: Auch die Abgeordneten der ungarischen Fidesz und der polnischen PiS-Partei wurden bei der Ämterbesetzung nicht ausreichend berücksichtigt – und das, obwohl sie den Fraktionen EVP bzw. EKR angehören. Die „bürgerlichen“ Fraktionen strafen also auch Meinungsabweichler in den eigenen Reihen ab.
Im September fängt im EU-Parlament wieder der parlamentarische Betrieb an. Es bleibt abzuwarten, was den arrivierten Parteien alles einfällt, um eine alternative und hoffnungsvolle rechte Politik für ein Europa der Zukunft zu verhindern. Fest steht: Nach Jahrzehnten der Selbstbedienungspolitik der Altparteien sind die Herausforderungen für Europa enorm. Handels- und Währungskriege, die weiterhin ungebremste Masseneinwanderung, die schleichende Deindustrialisierung Europas, eine sinnvolle und tragfähige Energiepolitik und vieles mehr erfordern klare Entscheidungen und einen schnellstmöglichen Politikumschwung in der EU. Ein gewichtiger Anteil der Wähler in der EU hat sich dafür ausgesprochen. Dass dieser Umschwung nötiger denn je ist, zeigt die absurde Ausgrenzungspolitik der Altparteien erneut.“