Es sind nicht mehr viele Traditionen übrig, auf die wir uns als Deutsche noch besinnen können: Als „Land der Dichter und Denker“ kann unsere Nation in Zeiten seichter Musik- und Fernsehunterhaltung kaum noch überzeugen. Als Land des technologischen Fortschritts wird es mit dem erzwungenen Umstieg vom Auto aufs Lastenrad und der von den Altparteien verursachten Energiekriese ebenfalls schwierig. Nun bekommt auch noch eine der letzten Errungenschaften „made in germany“ Schlagseite: Das Bier!
Heute ist der Tag des Deutschen Bieres: Am 23. April 1516 wurde das Deutsche Reinheitsgebot proklamiert. Und ausgerechnet jetzt, über 500 Jahre später, geraten aufgrund steigender Einkaufs- und Energiepreise vor allem kleine und mittlere, Brauereien an ihre Grenzen. So hat sich der Malzpreis seit 2020 verdreifacht – von 200 Euro pro Tonne auf mittlerweile 600. Zudem steigen auch die Kosten für Energie, Verpackungen und Logistik. „Was gerade passiert, sprengt alle Dimensionen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauerei-Bundes Karsten Eichele der Zeitung Welt. Er spricht von exzessiven und existenzgefährdenden Kostensteigerungen. Nachdem der Absatz vor allem während der Corona-Lockdowns, als die Restaurants und Kneipen von der Politik dicht gemacht wurden, eingebrochen war, braut sich nun also neues Unheil zusammen.
Der Handel lässt indes nicht ohne Weiteres zu, dass diese Kostensteigerungen 1 zu 1 an die Kunden weitergereicht werden, von schwierigen Verhandlungen ist die Rede. Sicher ist aber, dass das Bier auch für den Verbraucher teurer wird. Der Kasten Qualitätsbier für zehn Euro dürfte endgültig der Vergangenheit angehören. Es sind keine guten Nachrichten zum Tag des Deutschen Bieres. Umso wichtiger ist es, den Brauereien den Rücken zu stärken: Indem man als Verbraucher gerade jetzt wieder gastronomische Einrichtungen besucht. Und indem man sich vor Augen hält, dass der ein oder andere Euro mehr für den Kasten mittelständischen Betrieben das Überleben sichert.
Und einer der letzten noch lebendigen Traditionen. Die verbindet übrigens nicht nur den Bayern mit dem Norddeutschen oder den Rheinländer mit dem Berliner, sondern bietet auch im Ausland ein liebevolles Klischee, um Deutschland kurz und bündig zu erklären. Es ist nicht das schlechteste.
Ende des 10-Euro-Kastens – und das ist erst der Beginn der „Bierflation“