Ist nicht auch der Fußball ein kleines Stück unserer nationalen Identität? Anlässlich von 30 Jahren deutscher Einheit feiern wir jedenfalls auch den Gewinn des WM-Titels 1990 in Rom. Kurz nach dem Mauerfall war es das erste große sportliche Erfolgserlebnis im beinahe wiedervereinigten Deutschland. Die Einheit schien in greifbarer Nähe: Zwei Tage vor dem WM-Finale begannen die beiden deutschen Staaten in Ostberlin die Gespräche über einen Einheitsvertrag. Die „Mannschaft“ hieß damals übrigens noch „Nationalmannschaft“ – so wie es sein sollte.
Diese Nationalmannschaft spielte in der 85. Spielminute, als die Stimme des Kommentators Gerd Rubenbauer immer aufgeregt wird: „Matthäus, Traumpass, Völler… Und was gibt er? Er gibt Elfmeter!“ Andi Brehme läuft zum Elfmeter an, schießt, Tor! 1:0! Fünf Minuten später war Deutschland zum dritten Mal Fußball-Weltmeister – nach dem „Wunder von Bern“ im Jahr 1954 und dem Triumph im eigenen Land 1974. In dieser Euphorie und angesichts der bevorstehenden Integration der DDR-Stars ließ sich Bundestrainer Franz Beckenbauer, genannt „Kaiser“, im Überschwang zu dem provokanten Satz hinreißen: „Es tut mir leid für den Rest der Welt, aber wir werden in den nächsten Jahren nicht zu besiegen sein.“
Einige Monate später, am 19. Dezember 1990 im Länderspiel gegen die Schweiz, stand dann mit Matthias Sammer, Andreas Thom, Ulf Kirsten, Thomas Doll und Torwart Perry Bräutigam erstmals wieder eine gesamtdeutsche Mannschaft auf dem Platz, denn die DDR war zweieinhalb Monate zuvor endgültig Geschichte geworden. Der Dresdener Matthias Sammer, der wohl erfolgreichste Ost-Profi, formulierte sein Empfinden einmal so: „Der Gedanke, was wäre, wenn die Mauer nicht gefallen wäre, ist mir nicht fremd. Dass ich diesen Weg gehen konnte, auch privat, sehe ich mit Demut und voller Dankbarkeit. Es ist fast ein Gottesgeschenk.“
„Sportschau.de“: WM 1990 – das Finale zwischen Argentinien und Deutschland.