Fisch, Obst, Eier, Fleisch und Gemüse werden auf dem Kaltenkirchener Wochenmarkt angeboten. An diesem Ostersamstag, drei Wochen vor der Wahl, hat sich das Angebot erweitert. Politische Kost kommt hinzu. Rot-bejackte SPD-Wahlkämpfer versuchen mit ihren Slogans vor allem der regierenden CDU ans Zeug zu flicken. Als ob sie tatsächlich eine wirklich andere, geschweige denn bessere Politik für das Land zwischen den Meeren planen würden! Mit ihren Mogelpackungen in der Auslage wären sie wohl eher ein Fall für die Marktaufsicht.
Da sie reichlich spät auftauchen, ist der beste Platz direkt an einem der beiden Marktausgänge ohnehin längst vergeben. Dort leuchtet das satte Himmelblau der AfD. Wer früher aufsteht, kann mehr Wähler überzeugen. Eine Erkenntnis die den roten Wahlkampfstrategen in Kaltenkirchen möglicherweise entgangen ist.
Zu den Frühaufstehern zählen AfD-Spitzenkandidat Jörg Nobis sowie Landtagswahlkandidat und Kreissprecher Julian Flak. Tatkräftig unterstützt werden sie von zwei Schleswig-Holsteinern, die aus der Ferne angereist sind. Der gebürtige Kaltenkirchener Jan Schiffers ist AfD-Abgeordneter im bayerischen Landtag. Komplettiert wird das Wahlkampf-Kleeblatt durch keine geringere als Beatrix von Storch. Die stellvertretende Vorsitzende in der AfD-Bundestagsfraktion und stellvertretende Bundessprecherin wuchs im benachbarten Kisdorf auf. Da ist der Wahlkampfeinsatz in Kaltenkirchen quasi ein Heimspiel.
Und so wandern ein Menge Flyer in Manteltaschen und Einkaufskörbe der Marktbesucher. Werden sie daheim genauer studiert, ist das möglicherweise der Anfang einer Annäherung oder gar einer ernsten Beziehung, die irgendwann in einem Mitgliedsantrag mündet. Gute Gründe gäbe es ja genug, für diese Partnerwahl im politischen Spektrum.
Beispiel Energiepreise: Ob das Tanken denn noch Spaß mache, will Jörg Nobis von einigen der Marktbesucher wissen. Selbst der größte AfD-Skeptiker und die eiligste Einkäuferin machen Halt, um diese Frage mit säuerlichem Grinsen zu kommentieren. Im folgenden Gedankenaustauch lässt sich kräftig mit den vernünftigen und bürgerfreundlichen AfD-Positionen punkten.
Dass die Menschen mittlerweile anders auf die AfD reagieren, hat Sven Wendorf beobachtet. Der Sprecher des Stadtverbandes Norderstedt und Direktkandidat für Norderstedt hat seinen Wahlkampfstand im Heroldcenter vor der hiesigen Filiale eines Technik-Multis aufgebaut. Zumindest hier in Norderstedt seien die Menschen gesprächsbereiter als früher. Weniger schroff fallen auch negative Reaktion aus, erklärt Wendorf. Die Flyer sind ihm und seinem Team schneller als gedacht ausgegangen. Hochwillkommen ist der Nachschub, der eilig vorbeigebracht wird.
Neben Kaltenkirchen und Norderstedt wirbt die AfD in Schleswig-Holstein an diesem Tag natürlich noch an vielen anderen Orten um Stimmen. Im österlich dekorierten Einkaufszentrum von Schenefeld vor den Toren Hamburgs ist das Team um Nicola Baer, Vorsitzende des Kreisverbandes Pinneberg aktiv. Kurt Kleinschmidt, der nordfriesische AfD-Kreisvorsitzende und bei der Landtagswahl auf Listenplatz zwei gesetzt, unterstützt.
Seit acht Uhr morgens ist man vor Ort. Gesprächsbedarf gibt es eine Menge. Dass die Menschen nicht nur ihre Ostereinkäufe mit sich herumtragen, sondern auch eine Menge Sorgen, ist schnell deutlich geworden. Die mannshohen Deko-Ostereier im Hintergrund tun sich schwer Feststagsgefühle zu verbreiten. Ukrainekrieg und immense Teuerungsraten, Genderwahn und eine offensichtlich vor allem aufs eigene Wohl bedachte Politikerclique machen auch den Schenefeldern zu schaffen.
Höchste Zeit für eine Rückkehr zu einer integren und vernunftbasierten Politik, höchste Zeit für eine starke AfD im nächsten Landtag.