Die Mitglieder der hessischen Landesregierung üben häufig neben ihren Ämtern in der Exekutive noch Nebentätigkeiten aus, doch darüber werden die Bürger nur lückenhaft informiert. Darum hat die AfD angefragt, welche Nebentätigkeiten ausgeübt werden und wie hoch die zusätzlichen Vergütungen ausfallen. Die Antwort der Staatskanzlei ließ ein knappes halbes Jahr auf sich warten und ergab unter anderem, dass für Mitglieder der Landesregierung die Ausübung von Nebentätigkeiten weder eingeschränkt noch untersagt sei, mehr noch: „Es unterliegt dabei allein der Eigenverantwortung der Mitglieder der Landesregierung, Interessenkollisionen zu vermeiden.“ Eine Pflicht zur Angabe von Nebentätigkeiten gibt es nicht. Sind hier Interessenkonflikte vorprogrammiert?
Dazu Bernd Vohl, stellvertretender finanzpolitischer Sprecher der hessischen AfD-Fraktion:
„Allein Ministerpräsident Volker Bouffier übt 14 Nebentätigkeiten aus. Davon werden zwei bezahlt: Er bekommt als Mitglied des Verwaltungsrates der Kreditanstalt für Wiederaufbau jährlich 6.341 Euro und als Mitglied der Trägerversammlung der Landesbank Hessen-Thüringen jährlich 10.209 Euro. Die restlichen Tätigkeiten, darunter Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung Flughafen Frankfurt, werden nicht bezahlt. Spitzenreiter ist Patrick Burghardt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Er übte zwischen 2018 und 2019 ganze 27 Nebentätigkeiten aus. Ob das für einen Staatssekretär sinnvoll ist? Auch wenn Nebentätigkeiten sich aus dem Zusammenhang mit der Tätigkeit als Staatssekretär ergeben, ist es schwer vorstellbar, dass jemand 27 zusätzlichen Verpflichtungen gewissenhaft nachkommen kann.“
Reich wird kein Minister durch seine Nebentätigkeiten, denn alles, was über den jährlichen Freibetrag von 6.150 Euro hinausgeht, wird an die Staatskasse abgeführt. Ohne diese Regelung bekäme Finanzminister Michael Boddenberg als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Fraport AG jährlich 120.000 Euro. Insgesamt listet die Staatskanzlei zehn Nebentätigkeiten für den Finanzminister auf. „Interessanter als die Bezahlung sind die Einflussmöglichkeiten, die sich durch solche Nebenjobs ergeben“, sagt Vohl. „Warum darf Herr Boddenberg Aufsichtsratsvorsitzender eines Unternehmens sein, dem er als Finanzminister staatliche Mittel zuteilt? Jeder normale Bürger würde das einen Interessenkonflikt nennen.“
Vohl nennt weitere Beispiele: „Warum muss Wissenschaftsministerin Angela Dorn im Stiftungsrat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sein? Warum muss sie Vorsitzende des Aufsichtsrats der Uniklinik Frankfurt sein? Hier sollte es eine Trennung zwischen Politik, Kultur und Wirtschaft geben.“
Der Minister mit den wenigsten Nebentätigkeiten ist Sozialminister Kai Klose. Er ist „nur“ Mitglied im ZDF-Fernsehrat und wird dafür jährlich mit 6.240 Euro vergütet.