Klarstellung von Dr. Marc Jongen zu Vorwürfen des Verfassungsschutzes

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Unter Bezugnahme auf Ihre Schreiben vom 28.10.2019, vom 13.01.2020 und vom 29.01.2020, nehme ich zu den drei dort zitierten Aussagen von mir, die im Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) als problematisch eingestuft werden, wie folgt Stellung.

„Die Identität des Volkes ist eine Mischung aus Herkunft, aus Kultur und aus rechtlichen Rahmenbedingungen. Der Pass alleine macht noch keinen Deutschen. Als AfD sind wir deshalb dafür, das sogenannte Abstammungsprinzip, das bis vor Kurzem noch gegolten hat, wiedereinzuführen.“ („Man macht sich zum Knecht“, in: www.zeit.de vom 10,01.2017)

Das BfV entnimmt aus dem Zitat, dass für mich die Zugehörigkeit zum deutschen Volk über den Akt der Verleihung der Staatsbürgerschaft hinausgehen müsse, und Volk und Nation eine Einheit im Sinne eines ethnischen Volksverständnisses bildeten. Man versucht mir hier also „völkisches Gedankengut” zu unterschieben. Wie absurd das ist, geht aus dem Kontext hervor, der – in DIE ZEIT – ein feuilletonistischer war. Es ging in dem Interview um das Wesen des „Deutschen“, des „Volkes“, der „Leitkultur“ und ähnliche Fragen; Meine Aussage hat insofern einen kulturtheoretischen Charakter, keinen legalistischen. Ich weise in dem Zitat eine rechtspositivistische Auffassung vom Deutsch-Sein (im Sinne der Kulturzugehörigkeit) zurück, die offenbar zu absurden Konsequenzen führt. So als würde, um es durch ein Gedankenexperiment zu verdeutlichen, eine US-amerikanische, arabische oder chinesische Stadt dadurch zu einer „deutschen“, dass sämtliche ihrer Einwohner die deutsche Staatsbürgerschaft erhielten. Offenkundig wird man Deutscher im kulturellen Sinn nicht durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft allein, sondern durch Enkulturation; entweder seit der Geburt oder – mühsamer – in späteren Jahren. Davon bleibt völlig unberührt, dass eine einmal verliehene Staatsbürgerschaft nicht mehr entzogen werden kann (bzw. können sollte) und auch sämtliche Bürgerrechte (und -pflichten) mit sich bringt. Und zwar unabhängig davon, welche ethnische Herkunft, Sprachkenntnisse oder politische Ansichten der betreffende Bürger hat. Gerade deshalb sollte der Staat darauf achten, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft am Ende eines erfolgreichen Integrationsprozesses, nicht am Anfang eines solchen (mit ungewissem Ausgang) steht.

Das Abstammungsprinzip (ius sanguinis), das erst unter der Regierung Schröder aufgegeben worden ist und das die Jahrzehnte davor unstrittige Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland war, garantiert weit besser als das ius solis, dass nur solche Personen deutsche Staatsbürger werden, die kulturell zu uns passen und die unsere Werte teilen. Das ius sanguinis hat, anders als ein populäres Vorurteil glaubt, auch keine „völkischen” Implikationen, denn selbstverständlich gilt es auch für die Kinder von erst kürzlich eingebürgerten Personen. Nicht mehr und nicht weniger habe ich in dem obigen Zitat zum Ausdruck gebracht; eine Forderung nach Aberkennung von Rechten oder nach einem verminderten Rechtsstatus für ethnisch Nichtdeutsche habe ich weder im Wortlaut noch der Intention nach erhoben, und anderslautende Unterstellungen des BfV können nur als böswillig bezeichnet werden.

„Und jetzt schon handeln die Migranten nach diesem, im Vorgefühl sozusagen der Rechte, die ihnen da zugesprochen werden, die sie zu Lasten ihrer Wirtsgesellschaften erhalten sollen.“ (Rede bei einer.MD-Veranstaltung am 27.07.2018, Videomitschnitt, veröffentlicht in: www.youtube.com, Kanal „Für Gerechtigkeit” am 28.07.2018)

An diesem Zitat wird sinngemäß beanstandet, die Formulierung „Wirtsgesellschaften“ sei verunglimpfend, weil biologistisch. So war der Begriff aber nicht gemeint. „Wirt“ ist im Deutschen vor allem der Gastwirt. Ich spreche im Zitat von einer Gesellschaft, die – aus Sicht nicht nur der AfD, sondern vermutlich des Großteils der deutschen Bevölkerung – unwillkommene Gäste bewirten und für die Kosten aufkommen muss. In großer Zahl werden nur geduldete, nicht einmal anerkannte Asylbewerber mit Milliardenbeträgen alimentiert, während für notwendige Ausgaben und Investitionen des Staates das Geld fehlt. Diese Politik – auch mit scharfen Worten – zu kritisieren, ist mehr als legitim und bedeutet keine Infragestellung der Menschenwürde. Wäre es so, dann wäre der deutsche Staat aufgrund Artikel 1 GG zur langsamen aber sichereren Selbstzerstörung verurteilt, was offenkundig nicht die Intention der Verfassungsväter und -mütter gewesen sein kann. Wegen des missverständlichen Charakters des Begriffs „Wirtsgesellschaft“ werde ich ihn künftig allerdings nicht mehr verwenden. Es ging und geht mir nicht um die Provokation, sondern
um Kritik in der Sache, und diese ist mit anderen Begriffen ganz ebenso möglich.

„Der liberale Rechtsstaat, der wir ja sind, und der sich in dem Grundgesetz konkretisiert hat, fußt, das heißt auch das Grundgesetz fußt auf Voraussetzungen, die es nicht selbst garantieren kann. Die kommen aus der Geschichte her, die kommen aus der Tradition her, aus unserer Kultur, aus den christlich-humanistischen Wurzeln. All das ist eben nicht durch das Grundgesetz selbst zu garantieren, sondern man muss sich immer bewusst sein, dass es hier, sozusagen, einen Unterbau gibt und das sind die Wurzeln unserer Leitkultur. Deswegen ist diese ganze Beschränkung aufs Grundgesetz, so wichtig dieses ist, eben absolut nicht ausreichend, wenn wir von dieser Leitkultur sprechen. Und wenn diese Voraussetzungen schwinden, dann schwindet irgendwann auch der
Verfassungspatriotismus und dann wird am Ende auch die Verfassung nicht mehr gelten, sondern am Ende womöglich durch die Scharia oder sonst was ersetzt werden. […] Das Christentum, dann mit seiner spezifisch protestantischen Färbung in weiten Teilen Deutschlands, das ist eben nicht einfach eine Religion unter vielen, sondern es hat diese Kultur hier zutiefst geprägt und es ist deswegen nicht einerlei, ob in einer Stadt, in einer Innenstadt ein Kirchturm oder ein Minarett steht. […] Und deswegen sagen wir auch ganz klar, in unserem Parteiprogramm: Der Islam gehört nicht zu Deutschland! [Applaus] Solange wie das Grundgesetz in Deutschland gilt und auch ernst genommen wird, kann er nicht zu Deutschland gehören. […] Die Kopftuchfraktion hat den Sieg davongetragen. Und dem müssen wir uns stellen und müssen deshalb möglichst restriktiv die Gesetzeslage gestalten gegenüber dem Islam. So ist das. [Applaus]“ (Rede bei der AfD Karlsruhe am
03.05.2017, Videomitschnitt; veröffentlicht aufwww.youtube.com, Kanal: „AfD Karlsruhe“ am 03.05.2017)

Das BfV erblickt in meiner Aussage, die „Gesetzeslage“ gegenüber dem Islam „möglichst restriktiv“ zu gestalten, die Absicht, den Muslimen einen „von vorherein minderwertigen und untergeordneten Status“ zuzuschreiben. Zu einer solchen Auslegung der Aussage kann man nur kommen, wenn man den letzten Satz – mutwilligerweise – isoliert betrachtet und den
Kontext völlig außer Acht lässt. Dieser ist erneut ein kulturtheoretischer und spielt – in den Eingangssätzen – auf die bekannte Feststellung des großen deutschen Staatsrechtlers
Ernst-Wolfgang Böckenförde an: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Die Aussage stammt aus dem Aufsatz „Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation“ (1964), worin die kulturelle Bedeutung des Christentums für die Entstehung des freiheitlichen Rechtsstaats europäischer Prägung ausführlich beschrieben wird.

Daran schließt meine Argumentation an, die besagt, dass es eben kein Zufall ist, dass die moderne Demokratie sich im christlichen Kulturkreis entwickelt hat, nicht im islamischen. Bis heute gibt es kein einziges islamisches Land, in dem auch nur annähernd Verhältnisse herrschen, die nach europäischen Maßstäben als demokratisch einzustufen wären. Das bedeutet, ganz im Sinne Böckenfördes: Die im GG in Paragraphen gegossene freiheitlich-demokratische Rechtsordnung schwebt nicht im luftleeren Raum, sondern fußt auf einer aufgeklärten Kultur und Moral mit christlich-humanistischen Wurzeln. Geht diese verloren, oder gibt man anders gearteten Traditionen, wie dem Scharia-Islam, zu viel Raum, dann wird auch die freiheitlich-demokratische Rechtsordnung auf die Dauer keinen Bestand haben können. Insofern ist es von elementarem Interesse für den freiheitlichen, säkularisierten Staat Bundesrepublik Deutschland, eine Unterhöhlung seiner demokratischen Kultur; und Rechtsordnung durch den Scharia-Islam zu verhindern. Er tut dies auch bereits dort, wo Moscheevereine, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, (in nicht geringer Zahl) vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Zudem kann und muss aber auch auf der Ebene der Gesetzgebung und der Exekutive einige Anstrengung unternommen werden, um besagte Aushöhlung zu unterbinden. Anders als das BfV unterstellt, fordere ich mitnichten, dass Muslime gegenüber anderen Religionsgemeinschaften diskriminiert werden sollen.

Noch viel weniger geht es mir um eine Einschränkung der verfassungsmäßig garantierten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit, die für Muslime so selbstverständlich wie für die Angehörigen aller anderen Religionen zu gelten hat. Ich fordere auch kein Agieren an den bestehenden Gesetzen vorbei, sondern deren Auslegung und Anwendung in einer Weise, die es den verfassungsfeindlichen Bestrebungen innerhalb des Islam möglichst erschwert, in Deutschland Fuß zu fassen. Beispielsweise durch Nichtbewilligung des Baus von Minaretten unter Bezugnahme auf das bestehende Baurecht oder auf bestehende Schallschutzverordnungen, durch den Verzicht auf Staatsverträge der Länder mit Islamverbänden nach dem Vorbild der Kirchenstaatsverträge usw. Auf der Ebene des Einwanderungs- und Einbürgerungsgesetzgebung kann durch das Instrument eines Punktesystems nach kanadischem Vorbild, das Personen mit höherer Bildung und/oder Vermögen bevorzugt, ein Steuerungseffekt zu Ungunsten des islamischen Kulturkreises eintreten, ohne dass der Islam im Gesetz auch nur erwähnt wird, ohne dass folglich ein einziger Muslim in seinen Individualrechten beschnitten wird. Mit „möglichst restriktiv“ meine ich also: „so restriktiv, wie dies auf verfassungsmäßige Weise möglich ist“. Um einen Verstoß gegen die Menschenwürde in meinen Aussagen zu erkennen, wie das BfV dies tut, muss man in sie hineinlesen, was nicht dasteht, und dafür muss man erneut mutwillig den Kontext ignorieren.

Dasselbe gilt für den angeblichen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip, der nur dann vorliegen würde, wenn ich gefordert hätte, gegen die geltenden Gesetze restriktiv tätig zu werden. Nicht ansatzweise habe ich zum Ausdruck gebracht, bestimmte Vorhaben auch dann durchführen zu wollen, wenn sie oder die dafür nötigen Gesetzesänderungen sich als verfassungswidrig erweisen sollten. An keiner Stelle habe ich daher auch den Islam als „minderwertig und untergeordnet“ eingestuft, sehr wohl aber in einigen seiner Ausprägungen als rechtsstaatsgefährdend – und hierin gehe ich mit dem BfV konform, das in seinen Berichten über etliche Moscheevereine zum selben Ergebnis kommt.