Bürgermeister Müller unglaubwürdig in Berliner Asylunterkünfte-Beratungsaffäre

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Statt der sonst üblichen “vorläufigen Suspendierung” blieb Staatssekretär Böhning weitere fünf Monate im Amt.

Für Dr. Hans-Joachim Berg, Abgeordneter der Alternative für Deutschland in Berlin, sind die Einlassungen des Senats, der Regierende Bürgermeister sei über die Aufnahme staatsanwaltlicher Ermittlungen gegen den Leiter der Senatskanzlei, Staatssekretär Björn Böhning, erst nach den Presseveröffentlichungen vom 1. Dezember 2016 von diesem selbst unterrichtet worden, unglaubwürdig:

„In seiner Antwort auf meine schriftliche Anfrage (DS 18/11 206) behauptet der Senat, der Regierende Bürgermeister sei von Björn Böhning persönlich erst über die Aufnahme der staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn unterrichtet worden, nachdem dieser von seinem Anwalt informiert worden sei, der wiederum davon erst auf Nachfrage erfahren habe, nachdem die Staatsanwaltschaft entsprechende Medienberichte bestätigt hatte. Eine Unterrichtung des Regierenden Bürgermeisters durch die Senatsverwaltung für Justiz sei nicht erfolgt.

Der Senat verweigert nach wie vor die konkrete Antwort auf die ganz konkret gestellte Frage „Wann und wie“ der Chef der Senatskanzlei den Regierenden Bürgermeister von der Eröffnung des Ermittlungsverfahrens unterrichtet hat.

Wer auch im dritten Anlauf eine eindeutige Frage nach einem Datum verweigert, scheint dafür Gründe zu haben. Wer sich gegen Spekulationen schützen will, sollte alles unterlassen, Spekulationen hervorzurufen.

Indem der Senat eine Frage beantwortet, die gar nicht gestellt wurde, nämlich wann der Anwalt von Herrn Böhning diesen von dem Ermittlungsverfahren berichtet habe, versucht der Senat davon abzulenken, welchen unmittelbaren Informationsstand der Staatssekretär evtl. durch andere Informanten seit wann hatte und wann und wie er seinen unmittelbaren Vorgesetzten davon unterrichtet hatte.Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass der Regierungschef von der Aufnahme staatsanwaltlicher Ermittlungen wegen eines Korruptionsdeliktes gegen den Spitzenbeamten des Landes davon nicht unmittelbar von der zuständigen Verwaltung in Kenntnis gesetzt worden sein soll. Auch dass der Anwalt eines Beschuldigten in dieser Position erst auf Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft eine entsprechende Information erhalten haben soll, klingt wenig plausibel. Zwischen der Eröffnung des Ermittlungsverfahrens am 16.11. und dem 1.12. liegen immerhin über zwei Wochen.

Zu erinnern ist daran, dass die Zeit zwischen dem 16.11. (Eröffnung des Ermittlungsverfahrens und Abschluss des Koalitionsvertrages) und der Wahl des Regierenden Bürgermeisters am 8.12. eine politisch hoch sensible Zeit war, in der Ermittlungen gegen den alten und neuen Chef der Senatskanzlei alles andere als hilfreich erscheinen mussten.

Die Frage ist insofern relevant, als Müller nur wenige Tage vor der am 1.12. erfolgten öffentlichen Bestätigung der Einleitung der Ermittlungen vom 16.11. durch die Staatsanwaltschaft (1.12.) am 24.11. im Abgeordnetenhaus erklärt hatte, es sei „auch noch gar nicht klar, ob und wie ermittelt wird“. Der Regierende Bürgermeister hat damit dem Parlament gegenüber objektiv die Unwahrheit gesagt. Ob er auch subjektiv gelogen hat, steht nach mehrfachen ausweichenden Antworten des Senats also im Raum und ist durch die jüngste Antwort des Senats auf meine Anfrage auch nicht ausgeräumt.

Ebenso dubios bleibt, warum Staatssekretär Böhning trotz der Tatsache, dass gegen ihn seit nunmehr einem halben Jahr auch offiziell wegen eines Korruptionsdeliktes ermittelt wird, nicht vom Dienst suspendiert worden ist.

In anderen Fällen verhält sich der Berliner Senat weniger „fürsorglich“. Laut Antwort des Senats wurden in den letzten vier Jahren 32 Angehörige verschiedener Senatsverwaltungen nach Aufnahme staatsanwaltlicher Ermittlungen vom Dienst suspendiert. Zwar versucht der Senat, diese Maßnahmen als absolute Ausnahme darzustellen; dennoch stellt sich die Frage, warum ausgerechnet Berlins Spitzenbeamter, für den doch eigentlich besonders strenge Maßstäbe gelten sollten, trotz eines so schweren Vorwurfs weiterhin seiner Tätigkeit nachgeht, als sei nichts gewesen.“