Bundesvorstandsmitglied Andreas Kalbitz zum Stand der Diskussion in der AfD zum Thema ‘Sozialpolitik’.
Seit die AfD im Bundestag und 14 Landesparlamenten vertreten ist, eröffnet sich die Möglichkeit, mit eigenen Gesetzesinitiativen eine bürgernahe Politik voranzutreiben. Dabei spielt die Sozialpolitik eine entscheidende Rolle, weil davon das Wohl jedes Bürgers und der Zusammenhalt unserer Gesellschaft unmittelbar betroffen sind. Wir haben hierzu Andreas Kalbitz über den Stand der Diskussion innerhalb der AfD befragt. Als Mitglied des AfD-Bundesvorstands sieht er das Thema ‚Sozialpolitik‘ nicht nur unter dem Blickwinkel einer gesamtdeutschen Aufgabe, sondern auch als eine Herausforderung als Landesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der AfD in Brandenburg.
AfD-Kompakt: Herr Kalbitz, Sie haben bereits in der Vergangenheit für die Stärkung des sozialen Profils der AfD geworben. Warum?
AK: Im Laufe der Jahrzehnte haben die Altparteien es verstanden, schleichend die ursprüngliche Intention des Sozialstaats, nämlich die Absicherung der Bürger für den Bedarfsfall, ad absurdum zu führen. Um Wiederwahlen auf Kosten der Erwerbsbevölkerung erkaufen zu können, musste der Sozialstaat, so wie er ursprünglich angedacht war, dem heutigen Verteilungsstaat weichen. Paradoxerweise handelt es sich dabei nicht nur um die Verteilung von oben nach unten, wie Vertreter der linken Parteien gerne behaupten, sondern auch um eine Verteilung von innen nach außen.
Während eindeutig Hilfsbedürftige, wie Kranke, Alte, Alleinerziehende, Rentner und kinderreiche deutsche Familien nicht die notwendige Unterstützung erhalten, die ihnen zusteht, werden wahl- und planlos Milliardenbeträge für die Invasion kulturfremder Migranten verausgabt. „Verkauft“ wird uns das als vermeintlich humanitäre Wohltat. Während Normalverdiener bereits Spitzensteuersätze leisten müssen, die kalte Progression unüberwindbar erscheint, werden Steuermilliarden nach Brüssel transferiert oder marode Zocker-Banken „gerettet“ – aus Gründen der Systemimmanenz.
AfD-Kompakt: Welche politischen Erfordernisse ergeben sich daraus für die AfD?
AK: Die AfD muss sich ein klares soziales Profil geben. Das Argument der „jungen Partei“ zieht als größte deutsche Oppositionspartei und neue Volkspartei nicht mehr, wenn es um Programm- und Konzeptlücken geht. Mit der Schärfung unseres sozialpolitischen Profils stehen wir in einer langen deutschen Tradition. Bereits 1883 führten die Preußen unter Reichskanzler Otto von Bismarck die weltweit erste gesetzliche Krankenversicherung für Arbeiter auf nationaler Ebene ein. Eine der zahlreichen Errungenschaften unseres Volkes, auf die wir mit Recht voller Stolz zurückblicken.
AfD-Kompakt: Welche Rolle spielt dabei die begonnene Debatte zum Thema Rente?
AK: Die Diskussion über ein Rentenkonzept hat jetzt mit verschiedenen Debattenbeiträgen Fahrt aufgenommen. Für die anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Brandenburg 2019, die auch für die AfD in Westdeutschland eine Eisbrecherfunktion haben werden, müssen unbenommen sachpolitischer Feinabstimmung durch die zuständigen Gremien, vermittelbare Eckpfeiler gesetzt werden. Auch deshalb unterstütze ich den Antrag zum Bundesparteitag, dass wir im kommenden Jahr einen Bundesparteitag zum Thema Sozialpolitik durchführen.
AfD-Kompakt: Sozialpolitik ist ein großes Feld. Welche Punkte sind Ihnen besonders wichtig?
AK: Im Kontext dazu muss auch das Thema Wirtschaftspolitik akzentuiert werden. Dabei geht es besonders um die Stärkung des Mittelstandes, der Klein- und Kleinstunternehmen, die in unserem Land immer noch mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze sichern. Der Mittelstand erodiert derzeit und damit droht das Rückgrat unseres bereits sinkenden Wohlstandes zu brechen.
AfD-Kompakt: Es geht also nicht nur um tagespolitische „Fehlerkorrektur“?
AK: Es geht um einen Paradigmenwechsel. Es geht darum, dass die Wirtschaft wieder den Menschen dient, und nicht die Menschen der Wirtschaft.
In Deutschland hat sich das Wirtschaftswachstum vom Wohlstandswachstum längst entkoppelt. Auch hier geht es um das Thema Leistungsgerechtigkeit. Arbeit muss sich wieder lohnen, ob im Arbeitsleben oder im Alter.
Grundsätzlich stellt sich die Frage: Welche Vorzüge hatte die Transformation der aufgegebenen Idee einer sozialen Marktwirtschaft hin zu einem völlig enthemmten Raubtierkapitalismus durch die Globalisierung? Dabei ist klar: Es kann uns nicht um simple Umverteilung gehen, sondern eben um Leistungsgerechtigkeit. Das unterscheidet uns von den Wahnfantasien linker Gleichmacherei, die Konrad Adenauer auf den Punkt brachte, indem er einmal sagte: „Das Einzige, was die Sozialisten vom Geld verstehen, ist, das zu verteilen, was Andere verdient haben.“
AfD-Kompakt: Glauben Sie, dass ein Bundesparteitag zum Thema Sozialpolitik die geeignete Plattform ist?
AK: Zur sozialpolitischen Ausrichtung der AfD bedarf es einer Grundsatzdiskussion. Impulse und kleine Reförmchen haben politisch im besten Fall eine aufschiebende Wirkung. Es gilt weiter beharrlich die dicken Bretter zu bohren und faule Kompromisse zu vermeiden, auch wenn dies in der Konsequenz bedeuten sollte, dass wir länger in der Opposition verharren. Ohne jedweden Vorgriff auf inhaltliche Komponenten und das Verfahren steht – nicht nur mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg – für mich fest: Wir brauchen Ergebnisse – und zwar 2019.
AfD-Kompakt: Vielen Dank für das Gespräch.