Eine der Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit von Bundesgesetzen ist, dass der Deutsche Bundestag beschlussfähig ist, wenn er neue Gesetze beschließt. Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages schreibt in ihrem § 51 Absatz 1 dafür die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten vor. Das waren in der letzten Wahlperiode 355.
Die AfD-Bundestagsfraktion hatte mehrfach die Feststellung der Beschlussunfähigkeit beantragt. In einem Fall waren nachweisbar nur etwa 90 Abgeordnete, in einem zweiten lediglich 133 Abgeordnete anwesend.
Beide Male wurden die Anträge aus der AfD-Bundestagsfraktion durch die Sitzungspräsidien abgelehnt und stattdessen die Beschlussfähigkeit „einfach für vorhanden erklärt“ – trotz der für jedermann erkennbaren viel zu geringen Anzahl von Abgeordneten.
Die AfD-Bundestagsfraktion hatte deshalb am 7. Mai 2020 vor dem Bundesverfassungsgericht ein Verfahren gegen das Vorgehen der Sitzungspräsidien eingeleitet (Aktenzeichen 2 BvE 3/20).
Eine Nachfrage dort ergab nun, dass das Bundesverfassungsgericht dem Antragsgegner (Deutscher Bundestag) wohl noch nicht einmal die Antragsschrift übersandt hat.
Dazu teilt der Parlamentarische Geschäftsführer und Justiziar der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Brandner, mit:
„Für das Bundesverfassungsgericht sind die Fakten genauso einfach wie die zu behandelnde Rechtsfrage: Es waren lediglich 90 beziehungsweise 133 Abgeordnete statt der erforderlichen 355 bei den Abstimmungen im Saal. Trotz dieser Offensichtlichkeit ist das Bundesverfassungsgericht auch nach mehr als 1½ Jahren nicht in der Lage und Willens, eine Entscheidung zu fällen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es gar nicht entscheiden will. Ob das mit der in letzter Zeit massiv zunehmenden Regierungsnähe zu tun hat?“