Zum aktuellen Justizstreit zwischen Polen und der Europäischen Union äußert sich Dr. Gunnar Beck, Rechtspolitischer Sprecher der AfD-Delegation im EU-Parlament, wie folgt:
,,Das polnische Verfassungsgericht hat entschieden, es könne jede Bestimmung des EU-Rechts für unanwendbar erklären, die entweder über die durch die Verträge beschränkten Befugnisse der EU hinausgeht, oder die gegen die polnische Verfassung verstößt. Das polnische Urteil ist klar, prägnant und richtig. Die EU ist nicht souverän und darf nach Art. 5 EUV nur tätig werden, wenn sie dazu durch die EU-Verträge ermächtigt wurde. Daraus folgt, dass das Unionsrecht nur Vorrang hat, wenn die Union nach Art. 5 handlungsermächtigt ist. Wo ihre Befugnisse unklar sind, gilt, dass die EU kein Richter in eigener Sache sein kann.
Es liegt daher in der Verantwortung der nationalen höchsten Gerichte, die Grenzen der EU-Verträge durchzusetzen, denn als souveräne Demokratien können allein die Mitgliedstaaten ihre übertragenen Befugnisse definieren, um sicherzustellen, dass die EU ihre eigenen Befugnisse nicht gerichtlich durch schleichende Kompetenzerweiterung ausdehnt.
Das polnische Urteil ist im Ergebnis und seinen Schlussfolgerungen praktisch identisch mit der Position des deutschen Verfassungsgerichts, das in seinem Lissabon-Urteil von 2009 zum einen feststellte, dass die Europäische Union weder souverän ist, noch die gleiche demokratische Legitimität wie die Mitgliedstaaten besitzt, und zum anderen seine eigene Befugnis der letzten Instanz geltend macht, EU-Rechtsakte zu überprüfen, wenn sie ultra vires sind oder gegen das deutsche Grundgesetz verstoßen.
Einen Unterschied allerdings gibt es: Während Polen seine eigenen Gerichte ernst nimmt, wurde das deutsche Verfassungsgericht einfach ignoriert, als es im vergangenen Jahr feststellte, dass die EZB gegen die EU-Verträge verstoßen habe. Es scheint, dass Polen den Rechtsstaat verteidigt, und Deutschland ihn ignoriert.‘‘
Dr. Gunnar Beck schilderte seine Sicht der Dinge auch beim ,,Europatalk‘‘ von Phoenix zu Gast. An der von Michael Krons moderierten Sendung nahm auch Daniel Freund, EU-Abgeordneter der Grünen, teil. Den Link zur Sendung finden Sie hier: https://www.youtube.com/watch?v=1sl71AH7H08