Das Bundesverfassungsgericht berichtet es auf seiner eigenen Internetseite ganz offen und ungeniert: Nur drei Wochen vor der brisanten gerichtlichen Verhandlung über die von Angela Merkel „rückgängig gemachte“ Kemmerich-Wahl findet sich eine Delegation des Gerichts zum Abendessen im Kanzleramt ein. Und zwar „auf Einladung der Bundeskanzlerin“, wie es in der Pressemitteilung der Verfassungshüter heißt. Hintergrund: Die AfD klagt in einem Organstreitverfahren gegen die skandalösen und unfassbaren Äußerungen der Kanzlerin, die sie im Februar 2020 bei einer Pressekonferenz in Südafrika tätigte: Die Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten Kemmerich mit Stimmen der AfD müsse „wieder rückgängig gemacht werden“ und sei „unverzeihlich“.
Die AfD hält Merkel vor diesem Hintergrund eine Verletzung ihrer amtlichen Neutralitätspflichten vor und bestreitet deshalb den Klageweg. Merkel habe „in unzulässiger Weise Amtsautorität beziehungsweise staatliche Ressourcen für eine negative Qualifizierung der Antragstellerin in Anspruch genommen.“ In diesem Zusammenhang stützt sich die AfD auch auf die Tatsache, dass Merkels unerträgliche Sätze zunächst auch auf der Internetseite der Kanzlerin und der Bundesregierung standen, bis die AfD auf juristischem Wege eine freiwillige Löschung durch die Bundesregierung erreichte. Offenbar ahnt man in Merkels Koalition, dass die juristischen Karten der AfD durchaus passabel sind.
Jedenfalls dann, wenn nach dem Abendessen wirklich noch unabhängig von politischer Einflussnahme Recht gesprochen werden sollte. Doch genau daran hegt die AfD Zweifel. Pikant ist dabei auch, dass die tafelnde Gerichtsdelegation vom Präsidenten Stephan Harbarth geleitet wurde, der eine veritable Karriere als CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des CDU-Bundesvorstands hinter sich hat. Die AfD hat wegen des Abendessens einen Befangenheitsantrag eingereicht.