Nicht nur bei der Bekämpfung des Coronavirus setzt die Große Koalition immer mehr auf autoritäre Politik. Auch in der Netzpolitik und im Bereich der sozialen Medien wird schrittweise, aber immer stärker in Bürgerrechte eingegriffen. Jetzt haben sich SPD und Union auf eine Verfassungsschutzreform geeignet, die den Diensten mehr Befugnisse bei der Online-Kommunikationsüberwachung übergeben soll. Die sogenannte Quellen-TKÜ soll verwendet werden, um Nachrichten vor der in Messengern üblichen Verschlüsselung überwachen zu können. Eines der letzten Refugien der weitgehend zensurfreien Rede gerät ins Visier.
Grundsätzlich sind extremistische Bestrebungen in Online-Messengern, beispielsweise aus dem Bereich des Islamismus, zweifellos ein ernstzunehmendes Problem. Auch Überwachungs-Aktivitäten gehören zum notwendigen Maßnahmenkatalog bei der Bekämpfung von jeglichem Extremismus. Doch es bleibt ein schaler Beigeschmack: Während die Bundesregierung nicht fähig und offenbar auch nicht willens ist, Islamisten konsequent abzuschieben, kann bei der Überwachung von Messengerdiensten plötzlich kein Mittel hart genug sein. Und so wäre es nicht verwunderlich, wenn die Verfassungsschutzreform am Ende einen ähnlichen Effekt haben könnte wie die Förderungen von vermeintlichen Projekten zur „Demokratieförderung“: Was der Bekämpfung von Extremismus dienen soll, wird in der Konsequenz zur Bekämpfung legitimer politischer Kritik – eine solche Bekämpfung kann jedoch nicht Aufgabe eines Geheimdienstes sein.
Zeit.de: „Geheimdienste sollen Messenger stärker überwachen können.“