Eigentlich werden die Bund-Länder-Verhandlungen zur Lockerung der Corona-Maßnahmen auch als sogenannter „Corona-Gipfel“ bezeichnet. Doch das sprachliche Niveau dieser Zusammenkünfte hat offenbar wenig mit einem Gipfel zu tun: „Ich weiß nicht, was Sie getrunken haben, Sie sind hier nicht Kanzler“ – so äußert sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder über den Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland, Olaf Scholz. Zuvor hatte Scholz beim Härtefallfonds für Selbständige und Kleinstunternehmer eine hälftige Beteiligung der Bundesländer verlangt. „Was regen sie sich auf, das ist doch nicht ihr Geld“, giftete Söder, woraufhin Scholz replizierte: „Nein, es ist aber das Geld der deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.“ Von dieser Feststellung fühlte sich Söder offenbar so schwer getroffen, dass er meinte, Scholz einen unangemessenen Umgang mit Alkohol unterstellen zu müssen. Scholz müsse hier „gar nicht so schlumpfig herumgrinsen“, keifte Söder ihm noch hinterher.
Keine Frage: Der niveaulose Pöbel-Zoff im Kanzleramt zeigt deutlich, wie sehr bei den Regierungsparteien die Nerven blank liegen. Seitdem Söders Umfrage-Werte in den Keller rauschen und sich seine Kanzler-Träume allmählich in einer riesigen Staubwolke auflösen könnten, lässt sich der Bayern-Cäsar vollkommen gehen. Was sollen die von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit betroffenen Menschen darüber denken, wenn sich hochrangige Politiker in einer solchen Situation derartig kindisch und niveaulos angehen, anstatt konstruktiv an Lösungen zu arbeiten? Zumal Söder vor seiner eigenen Haustür kehren sollte: „Sie sind nicht der König von Deutschland oder Weltenherrscher“, belehrte er Olaf Scholz. Das muss ausgerechnet Söder sagen, der wegen seines Größenwahns bereits von CSU-Fraktionskollegen als bayerischer „Cäsar“ verspottet wird. Diese Regierungsparteien kann kaum jemand noch ernst nehmen – dabei ist die Lage bitterer Ernst.
Tagesspiegel.de: „Ich weiß nicht, was Sie getrunken haben, Sie sind hier nicht Kanzler.“