Klarstellung von Dr. Hans-Thomas Tillschneider zu Vorwürfen des Verfassungsschutzes

Kein Fall für den Verfassungsschutz!

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat in seinem Gutachten gegen die AfD eine Fülle angeblich verfassungsfeindlicher Zitate von AfD-Funktionsträgern zusammengetragen. Diese Belege halten einer rechtlichen Beurteilung nicht stand. Das Meiste stellt sich schon bei oberflächlicher Prüfung als verfassungskonform heraus.

Die angebliche Verfassungsfeindlichkeit, speziell meiner Äußerungen, ist das Ergebnis einer tendenziösen Verdachtshermeneutik, die meine Äußerungen vor dem Hintergrund einer präsupponierten Verfassungsfeindlichkeit versteht: Eisegese statt Exegese, Hineinlesen statt Auslegen. Einige wenige meiner Äußerungen sind leider so mißverständlich formuliert, daß sie diesem Verfahren Vorschub leisten.

Bevor ich die einzelnen Zitate durchgehe und klarstelle, will ich summarisch auf drei Problemkreise zu sprechen kommen, die immer wiederkehren: Remigration, Islamisierung und deutsche Leitkultur.

Der Verfassungsschutz versteht meine Forderungen nach einem Remigrationsprogramm immer wieder als implizite Aufforderung zu Maßnahmen, die Rechtsbrüche und Grundrechtsverletzungen einschließen. Wenn ich ein Remigrationsprogramm fordere, meine ich aber selbstverständlich nur legale und grundgesetzkonforme Maßnahmen. Sie beziehen sich nicht auf schon eingebürgerte Deutsche. Ich denke z. B. an die strikte Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer, die Abschaffung von Duldungstatbeständen soweit möglich und eine grundgesetzkonforme Verschärfung des Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsrechts. So muß die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts durch die rot-grüne Bundesregierung rückgängig gemacht werden. Weiterhin fallen darunter Anreize zur freiwilligen Remigration etwa durch die Möglichkeit, sich die in Deutschland erworbenen Rentenansprüche auszahlen zu lassen.

Meine Kritik an der Islamisierung wird durch den Verfassungsschutz regelmäßig als Infragestellung der Religionsfreiheit verstanden. Auch hier liegt der Verfassungsschutz falsch. Die Forderungen zielen allesamt auf grundgesetzkonforme Maßnahmen im Umgang mit den Islamverbänden. Es geht mir vor allem um die Wiederherstellung älterer, verfassungskonformer Rechtslagen aus einer Zeit, als den Islamverbänden bestimmte Privilegien wie etwa der staatliche Religionsunterricht noch nicht gewährt wurden.

Auch eine Kritik an der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts z. B. in Sachen Kopftuchverbot muß im Verweis auf die ältere Rechtsprechung möglich sein. Schließlich wertet der Verfassungsschutz mein Lob der deutschen Kultur und auch schon die bloße Feststellung, dass es so etwas wie eine deutsche Kultur gibt, als quasi-totalitäre Zumutung gegenüber dem Einzelnen, der sich vor die Wahl gestellt sieht, entweder an diese Kultur Anschluß zu finden oder keine würdevolle Existenz führen zu können. Auch diese Deutungen sind falsch. Meine Beschreibungen der deutschen Kultur sind keine Forderungen, sondern beschreiben Gegebenheiten. Die Forderungen an den Einzelnen beziehen sich auf das Erlernen der deutschen Sprache, die Achtung der deutschen Gesetze und die Achtung unserer kulturellen Gepflogenheiten im Sinne eines erfolgreichen Integrationsprozesses.

Nun zu den einzelnen Texten:

(1) Bei einer Rede in Wittenberg im Rahmen des Bundestagswahlkampfs 2017 habe ich u. a. gesagt:

„Die einzige politische Kraft, die diesem Irrsinn ein Ende bereiten kann und will, ist die AfD. Wie Luther stehen wir heute einem bis ins Mark korrupten und dekadenten Establishment gegenüber. Wie Luther wollen wir aber das System, in dem wir leben, nicht abschaffen, sondern heilen. Reformation heißt wortwörtlich ‚Wieder-in -Form-Bringung‘. Wir wollen einen deformierten Staat, eine deformierte Demokratie, ein deformiertes Bildungswesen, ein deformiertes Gesundheitssystem, ein deformiertes Rentensystem wieder in Form bringen. Wir wollen die perversen Zustände, daß was normal ist, wiederherstellen. Wir wollen, daß wieder Politik für das Volk gemacht wird und zwar für das eigene Volk. Was wir wollen, sind nicht ein paar Reförmchen hier und da zum Wohle der Lobbyisten, sondern eine große, grundlegende nationale Reformation zum Wohle des Volkes. Unsere Nation muss wieder zu sich stehen und muss Haltung zeigen und muss wieder ein normales Selbstbewusstsein gewinnen. Wie das geht, zeigen wir mit unserem Bundestagswahlprogramm.”

Hiermit stelle ich klar:
Die Rede von einem, bis ins Mark korrupten und dekadenten „Establishment“ ist nicht als Kritik am demokratischen System und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gemeint, sondern als Kritik an den undemokratischen Auswüchsen, Verfilzungen und Verkrustungen des Parteienstaates.

(2) Im Februar 2017 habe ich auf der Seite der Patriotischen Plattform gesagt:

„Unser Ziel ist kein multikulti-kompatibler Islam, sondern einfach, daß der Islam in Deutschland sich unserer Kulturhoheit fügt. Wie er das bewerkstelligt und vor sich selbst rechtfertigt, ist durchaus seine Sache. Wir setzen nur die Grenzen, das allerdings unmissverständlich.”

Hiermit stelle ich klar:
Die Aussage ist so zu verstehen, daß von der Scharia umfaßte Praktiken, die nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar sind, in Deutschland unterbunden werden müssen.

(3) Im Februar 2018 habe ich auf der Seite der Patriotischen Plattform gesagt:

„Wollen wir im Sinne einer globalistischen Agenda Einwanderung nur besser organisieren oder nehmen wir die große Remigration in Angriff?”

Hiermit stelle ich klar:
Mit Remigration ist gemeint, unter Wahrung geltender Rechtsbestimmungen Ausländern mit Aufenthalt in Deutschland Anreize für die Rückkehr in die Heimatländer zu bieten und bei ausreisepflichtigen Personen die Ausreisepflicht konsequent durchzusetzen. Die Aussage zielt ferner auf verfassungskonforme Verschärfungen des Aufenthaltsrechts.

(4) In meiner Rede auf dem Flügeltreffen 2017 habe ich u. a. ausgeführt: „Nach seiner eigenen Identität, in seinem eigenen Land, stolz und frei und selbstbestimmt zu leben, ist ein Menschenrecht und ich finde sogar, es ist das höchste Menschenrecht. Denn die Kultur ist es doch erst, was uns zum Menschen macht.”

Hiermit stelle ich klar:
Die Aussage ist so zu verstehen, daß ein kulturfreies Menschsein nicht denkbar ist. Sie schließt an Gehlens Begriff vom Mängelwesen Mensch an. Kultur ist für den Menschen existenznotwendig. Aus dem Recht, in der eigenen Kultur zu leben, folgt keine Pflicht, das zu tun. Selbstverständlich ist es möglich, sich auch fremde Kulturen anzueignen, ohne daß die Menschenwürde deshalb Defizite erleiden würde. Der zweite Satz „Denn die Kultur ist es doch erst, was uns zum Menschen macht” meint jede Kultur. Nach seiner eigenen Identität in seinem eigenen Land stolz und frei und selbstbestimmt zu leben ist dabei eine Möglichkeit neben anderen, kultur- und würdevolles Dasein zu realisieren.

(5) In meiner Rede auf dem Flügeltreffen 2017 habe ich u. a. ausgeführt:

„Die Vertreter der Islamverbände maßen sich an, uns vorzuschreiben, wie wir leben sollen. Sie maßen sich an, hier mitzubestimmen und unser Land zu verändern.”

Hiermit stelle ich klar:
Die Aussage ist so zu verstehen, daß Islamverbände eine privilegierte Sonderrolle beanspruchen. Dies wird abgelehnt. Die Islamverbände werden in den Rahmen verweisen, den das Grundgesetz für alle Bürger setzt.

(6) In meiner Rede auf dem Flügeltreffen 2017 habe ich u. a. ausgeführt:

„Migranten, die meinen, sie könnten uns vorschreiben, wie wir hier in unserem Land zu leben haben, die gehören dorthin zurückgeschickt, wo sie hergekommen sind.“

Hiermit stelle ich klar:
Die Aussage bezieht sich ausschließlich auf noch nicht eingebürgerte Migranten, deren Abschiebung rechtlich möglich ist oder ohne Verletzung von verfassungsmäßigen Grundrechten durch entsprechende Gesetzesänderungen ermöglicht werden kann.

(7) Ende Januar 2016 habe ich auf der Seite des Flügels ein zweiteiliges Thesenpapier mit dem Titel „Prinzipien alternativer Islampolitik” veröffentlicht. Daraus zitiert der Verfassungsschutz folgende Passage

„Die Väter des Grundgesetzes hatten, als sie Artikel 4 formulierten, die Situation eines zwischen Protestantismus und Katholizismus geteilten Landes vor Augen; sie haben ganz sicher nicht die Anwesenheit von Millionen von Muslimen vorhergesehen. Das Grundgesetz ist nicht für den Islam gemacht. [ … ]“

Hiermit stelle ich klar:
Die Aussage ist so zu verstehen, daß das Grundgesetz im Hinblick auf die Einschränkungsmöglichkeiten der Religionsfreiheit anders formuliert worden wäre, wenn der Verfassungsgeber bereits damit gerechnet hätte, daß der Islam eines Tages in Deutschland ein relevanter Faktor sein würde.

(8) In meiner Rede auf dem Flügeltreffen 2017 habe ich folgendes ausgeführt:

„In einem mittelalterlichen Gleichnis wird der Teufel als ein Specht vorgestellt, der von Baum zu Baum fliegt. Bei gesunden Bäumen, also Menschen von gesundem Glauben, kann er sich nicht einnisten. Aber in den Bäumen, die innerlich krank sind, dort baut er sein Nest. Mit dem Islam in Europa ist es ähnlich, will ich meinen. In Russland, in Polen, in der Slowakei, also in den Ländern, die noch nicht so sehr vom Virus der Beliebigkeit, der Dekonstruktion und der sozialen Zersetzung befallen sind, in diesen Ländern, die noch Substanz haben, die noch so etwas wie Stolz auf das Eigene kennen, hat der Islam keine Chance. In Westeuropa aber, in unseren kranken Gesellschaften kann er sich einnisten, kann seine Parallelgesellschaften bilden, die wie ein Baumpilz am Stamm der deutschen Eiche wuchern, und damit ist der Islam letzten Endes doch nichts anderes als ein Symptom unserer eigenen Schwäche.“

Hiermit stelle ich klar:
Es handelt sich bei dem Vergleich des Islams mit einem Baumpilz um eine drastische und polemisch überzogene Bildlichkeit, die ich 2017 verwendet habe, auf die ich aber nicht mehr zurückgreifen würde, da sie falsche Assoziationen weckt. Wichtig ist mir deshalb die Betonung, daß ich nicht Menschen mit Parasiten vergleiche, sondern eine Parallelgesellschaft. Der Begriff der Gesellschaft bezeichnet das Gesellschaftssystem, im vorliegenden Fall das islamische. Der Vergleich kritisiert, daß dieses über individuelleGesellschaftssystem sich mehr und mehr in Westeuropa ausbreitet und die herrschenden Gesellschaftssysteme verdrängt.

(9) Bei einer Rede auf dem Flügeltreffen 2107 habe ich gefordert, wir sollten dafür sorgen, daß den Vertretern der Islamverbände „die große Klappe vergeht” und habe in diesem Zusammenhang Gaulands Äußerung, wir sollten Aydan Özoguz in Anatolien entsorgen, zugestimmt.

Hiermit stelle ich klar:
Die Forderung dafür zu sorgen, daß den Vertretern der Islamverbände die große Klappe vergeht, ist selbstverständlich nicht als Aufruf zu Gewalt oder Unrecht zu verstehen, sondern als polemisch überspitze Aufforderungen, den Vertretern der Islamverbände mit guten Argumenten entgegenzutreten. Mit „Entsorgung” ist keine Aufforderung gemeint, die deutsche Staatsangehörige Özoguz auszubürgern oder in die Türkei auszuweisen. Es handelt sich um eine empörte und polemische Erwiderung auf ihre Behauptung, es gäbe jenseits der Sprache keine deutsche Kultur. Von einem Migrantenkind, darf ein gewisses Maß an Dankbarkeit und auch Respekt gegenüber Deutschland erwartet werden.

(10) Ende Januar 2016 habe ich auf der Seite des Flügels ein zweiteiliges Thesenpapier mit dem Titel „Prinzipien alternativer Islampolitik” veröffentlicht. Darauf zitiert der Verfassungsschutz folgende Passage:

„Die illegale Masseneinwanderung, die den islamischen Parallelgesellschaften Verstärkung bringt, muß sofort beendet werden. Auch kontrollierte Einwanderung aus islamischen Gebieten ist zu unterbinden. [ … ] . ”

Hiermit stelle ich klar:
Die Aufforderung, wonach auch kontrollierte Einwanderung aus islamischen Gebieten zu unterbinden ist, war mißverständlich. Gemeint ist kein vollständiges Einwanderungsverbot aus islamischen Ländern, also kein vollständiges Unterbinden, sondern eine strenge Prüfung aus guten Gründen. Aufgrund der schweren Integrierbarkeit islamischer Migranten und aufgrund der Sicherheitsrisiken ist Einwanderung aus islamischen Ländern restriktiv zu handhaben, aber nicht vor jeder Prüfung, sozusagen a priori, auszuschließen. Einwanderer, die aus islamischen Ländern kommen, sollen nicht allein wegen ihrer Religionszugehörigkeit abgewiesen werden.

(11) In einem Artikel vom 11. November 2017 habe ich auf der Seite der Patriotischen Plattform (mittlerweile nicht mehr im Netz) u. a. gesagt:

„Das aktuelle Gerede über ein Einwanderungsgesetz ist gefährlich. Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz nur als Gesetz gegen, aber nicht als Gesetz für Einwanderung. Davor brauchen wir aber ein großangelegtes Remigrationsprogramm.”

Hiermit stelle ich klar:
Die Forderung nach einem großangelegten Remigrationsprogramm betrifft keine bereits eingebürgerten Migranten. Sie ist so zu verstehen, daß zunächst alle bestehenden rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden sollen, um so viele Ausländer wie möglich in ihre Heimatländer zurückzuführen. Weiterhin ist sie als Forderung nach grundgesetzkonformen Verschärfungen des Staatsbürgerschafts- und Ausländerrechts zu verstehen.