CDU, FDP, SPD und Grüne grenzen AfD aus bei Stiftungsrat niedersächischer Gedenkstätten.
Vier gegen einen. So lautetet offenbar das Verständnis der Altparteien, wenn es darum geht, die AfD mit Gesetzesänderungen auszugrenzen. Im Fall der „Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten“ machen die Parteien CDU, SPD, FDP und Grüne nämlich gemeinsame Sache im Niedersächsischen Landtag. Ziel ihrer Gesetzesänderung sei es: die AfD aus dem Stiftungsrat der niedersächsischen Gedenkstätten rauszuhalten. Künftig sollen nur noch vier Vertreter in den Stiftungsrat entsandt werden. Das werden die vier Vertreter der Altparteien sein.
„Vier Abgeordnete können aber nicht fünf Fraktionen repräsentieren“, kommentiert der renommierte Staatsrechtler Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider vergangene Woche im Niedersächsischen Landtag die Lage. Der ganze Vorgang ist „schlechterdings unvereinbar mit demokratischen Prinzipien“, sagt Prof. Schachtschneider, der den Fall mit einem Gutachten aufgearbeitet hat. „Fragwürdig in seiner Motivation“ nennt AfD-Landtagsabgeordneter und Parlamentarischer Geschäftsführer Klaus Wichmann die yogaähnlichen Gesetzes-Verrenkungen der Altparteien. „Man will etwas gegen die AfD tun, und das tut man mit einem massiven Rechtsbruch“, sagt Wichmann.
Sollte das Gesetz in Kraft treten, bestehe ein „Verstoß gegen das demokratische Repräsentationsprinzip“, sagt Prof. Schachtschneider. Ein weiterer Grundsatz sei die Gleichheit der Fraktionen, und zwar unabhängig von ihrer Stärke. Die Fraktionen seien deshalb gleich, weil die Abgeordneten gleichen seien, so Schachtschneider. Nun soll die AfD nach dem Willen der Altparteien aber nicht gleich, sondern anders behandelt werden. „Dafür ist keine Rechtfertigung zu finden. Ganz im Gegenteil. Es ist ein deutlicher Verfassungsverstoß“, sagt Prof. Schachtschneider, der sich in seinen Argumenten auf drei Säulen bezog: das Grundgesetzes, die Landesverfassung und die Rechtsprechung.
Die Landesfraktionsvorsitzende der AfD, Dana Guth, hatte noch einmal erläutert, dass vorab intensive Gespräche mit der Stiftung geführt worden waren, auch um etwaige Bedenken auszuräumen. „Mit dieser Gesetzesänderung befinden wir uns aber an einem Punkt, den wir nicht mehr hinnehmen können“, sagt die Fraktionsvorsitzende Guth. Prof. Schachneider zeigt in seinem Gutachten mehrere Wege auf, welche die AfD nun aufgreifen kann: „Wir werden den Schritt, der am nächsten liegt, wahrnehmen“, sagt der parlamentarische Geschäftsführer Klaus Wichmann, „und das ist die Überprüfung des Gesetzes vor dem Staatsgerichtshof.“
Für diese sogenannte abstrakte Normenkontrollklage benötigt die AfD aber ein Fünftel der Stimmen des Niedersächsischen Landtages, also auch Stimmen der anderen Parteien. „Das ist die Nagelprobe für die anderen Parteien“, sagt Wichmann. „Es wird viel davon gesprochen, die Oppositionsrechte zu stärken. Aber wie verhalten sich die anderen Parteien nun wirklich?“ Sind die Worte von CDU, SPD, FDP und Grünen mehr wert als die Luft, die mit ihnen verbraucht wird? Es wird sich zeigen, ob die Altparteien die Rechte, die sie selber in Anspruch nehmen, auch anderen zugestehen.